Freitag, 20. März 2009

Ethisches Handeln = Willkür ?


Ich bin Kriegsdienstverweigerer. “Warum?”

Aus Gewissensgründen: meine ethisches Verständnis von (Miteinander-)Leben steht gegen Gewalt und ich möchte keine Waffe in den Händen halten, mit der ich andere Menschen verletzen kann. Gewalt führt zu Gegengewalt!

“Sie sind Zeuge, wie ein Amokläufer während der Pause auf den Schulhof stürmt und wild um sich schießt. Einige Kinder sind schon getroffen und wahrscheinlich schwer verletzt. Er steht genau unter dem Fenster, von dem aus Sie in diesem Augenblick die Situation erfassen. Ein schwerer Gegenstand ist für Sie greifbar. Würden Sie diesen geistesgegenwärtig gezielt auf den Amokläufer hinabwerfen, um die Kinder zu retten?”

Hier nicht zu handeln wäre das unmenschlichste, was ich mir vorstellen kann!

“Sie sind also nicht prinzipiell gegen Gewalt?”

…Unter diesen Umständen: Nein.

“Für nichts anderes aber als für einen solchen extremen Fall ist auch die Bundeswehr geschaffen worden: Nicht dem Angriff dient sie, sondern ausschließlich der Verteidigung.”

Das ist etwas anderes.

“Ist es das? Sie geben an aus Gewissensgründen den Wehrdienst zu verweigern, konsequent jede Art von Gewaltanwendungen abzulehnen. Dann müssten Sie auch gegenüber dem Amokläufer darauf verzichten und damit womöglich verheerende Folgen hinnehmen, die nur durch sofortiges und wirksames Eingreifen verhindert werden können.”

Sie müssen wissen das ich über Gewissen und Gewissensgründe ein anderes Verständnis habe.

“Bitte…!”

Eine grundsätzliche und unwiderrufliche Ablehnung jeder Art von Gewaltanwendungen, in welcher konkreten Lebenssituation auch immer, kann auch als Ausdruck eines fixierten Vorstellungslebens angesehen werden, das keinen Handlungssielraum zulässt. Das Gewissen wäre dann geradezu der Ausdruck eines zwanghaften Verhaltens. Ein solches fixiertes “Gewissen” stand aber bei mir nicht im Hintergrund.

“Damit stelllt sich aber eine neue Frage. Wenn das Gewissen also ganz und gar persönlich und von außen nicht überprüfbar ist, sagen wir damit nicht zugleich, dass das Gewissen eben subjektiv und im Hinblick auf objektive Kriterien letztlich sogar beliebig ist? Es ist ganz offensichtlich, dass heute weiterhin so empfunden wird. Die Befreiung von äußeren moralischen Zwängen seit den sechziger Jahren des vergangen Jahrhunderts zugunsten freier (Gewissens-)Entscheidung in der jeweiligen Lebenssituation hat sich so gründlich vollzogen, dass heute fast alles, was man persönlich für richtig hält, auch als gut erscheint. “Gut und Böse” also objektive Kategorien hören auf, eine Bedeutung zu haben, und damit auch “ethisches” Handeln. Oder?”

(Textpassagen z.T. von Michael Debus, aus "Spirituelle Ethik")

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