Donnerstag, 28. Mai 2009

Fragment eines Augenblicks

Seele - die du Veränderung schmerzvoller schaust,
Als das Halten verstorbener Äste von Gestern,
Im Untergang tragen sie schon heute,
Ihr Äußeres zu Grabe.

Vergiss nicht, dass dein Leben Aufbruch ist und Wandel,
Und das im Halten, dir Liebende,
Entgleitet das Liebste,
Das so zart in deinen Händen liegend,
Und ein Ewiges begräbst, hälst du sie fest.

Die Räume deiner Nächte,
Weißt du noch als Sterne sie erhellten,
der Mond dein Bruder war?
Im Herzen Sehnsucht tönte leise, Dir,
Als nach ewig, langer Reise du schautest in das Firmament,
Am Ende Frieden fandest,
In deiner Heimat wahren Ursprungs.

Vergiss nicht, das dein Sehnen nach dem Einen,
Sich erst erfüllt,
Wenn Du beendet hast das Wandern durch die Zeiten,
Und sich die Kreise schließen,
Im Anfang, den du selbst gewählt.

Die Räume deiner Tage,
Weißt du noch als Sonnenstrahlen sie erhellten,
Und dir die Erde Schwester war ?
Am Abend fernes Sehnen,
Süß und Schmerz zugleich,
Dich wiegten in ein fernes Reich.

Vergiss nie:
Wenn du lassest ziehen liebend deine Liebe,
Du hältst sie ewig fest.

Sonntag, 24. Mai 2009

Ich fühle mich fremd hier, auch wenn ich dazugehöre


Hunderte von Menschen strömen an mir vorbei, aus Boutiquen und diversen Läden. Es ist laut und chaotisch, überall wird gesprochen, gelacht und geschrien. Am Rande des Chaos, die Wächter der Stille, Mahner des Abgrunds - Zeichen unserer Zeit. Auf ihren Schildern steht: Arm, Arbeitslos, viele Kinder, Behindert. “Hast du mal nen Euro…”,ich höre die letzten Worte nicht mehr, werfe 50 Cent in den Eimer, gehe weiter. An der nächsten Straßenecke das gleiche Schauspiel: “Ich bin Obdachlos, sammle Geld für ein Frühstück…” Auch an ihnen strömen die Menschen vorbei, mit dicken Einkaufstaschen, klobigen Handys und goldenen Ketten. Ein paar Meter weiter erwecken Jugendliche meine Aufmerksamkeit. Auf dem T-Shirt des einen steht in schwarzen Druckbuchstaben: Fußball, Sex und Alkohol. Sein Gang ist krumm, seine Glieder hängen schlapp an seinem Körper herunter. Er ist Teil meiner Generation, wohin er wohl unterwegs ist ?

Mit im Bewusstsein schleppe ich die Nachrichten aus der Zeitung von heute Morgen. Sie berichten von Tod, Folter, Krieg, Zerstörung, Vergewaltigung, Tierschändern, Blutfehden, Terrorismus, Amokläufern, Selbstmördern etc. Wenn ich mir daneben die Sendungen denke, die täglich auf das moderne Bewusstsein unserer Zeit wirken, ich meine hier als Beispiel diverse Kochsendungen, “Deutschland sucht den Superstar” oder “Germanys next Topmodel”, allgemein die oberflächliche Medienkultur (sie gehört aus meiner Sicht zur Fast-Food-Kultur der Moderne), so wundert es mich nicht, das sich im Bewusstsein vieler Menschen wenig, in den Tatsachen des täglichen Lebens fast gar nichts rührt, was auf irgendeine Besserung hoffen lassen könnte. Es gibt sie, Besserungen und positiven Seiten des Lebens. Sie haben ihre Wirkung in der Welt, aber mit einem Aufzeigen dieses Gegenpols sind die groben und krassen Mißstände nicht behoben. Ich bin nicht einer der Menschen, die sagen, es läge nur am eigenen Standpunkt, an der eigenen Perspektive, ob die Welt gut oder schlecht ist, oder beides, oder gar nichts von den genannten Atributen. Es gibt Menschen, die können nur das "Gute" sehen und vergessen dabei, für das "Gute" zu kämpfen. Für mich ist es wesentlich, aus welcher Perspektive ein Mensch schaut, aber im konkreten Fall sind Taten gefragt. Es gibt Stimmen die sagen, es hat schon immer Arme und Reiche gegeben, das würde sich nie ändern, da kann man nichts machen. Ich denke, wenn der Arzt meint, Krankheit an sich hätte es schon immer gegeben und würde dann einem schwerkranken Menschen seine Hilfe verweigern, welchen nutzen hätte das für den, der um Hilfe bittet und welchen Eindruck würde das hinterlassen?

Dieses Aufzeigen sozialer Missstände ließe sich endlos weiterführen, das ist für viele Menschen nichts neues. Dennoch ist "Modern", das sich die Neuzeit inzwischen immer mehr an diese krassen Wiedersprüche, sozialen Problematiken, gewöhnt hat und das es zum Alltag gehört, wenn neben der Ausstrahlung von Big Brother in deutschen Stuben, in der sich das menschliche Flachland selbst feiert, in einem anderen Teil der Welt Menschen auf brutale Weise zu Tode kommen. Ich schreibe das hier, weil ich denke, das wir mit einem neuen Bewußtsein der Welt (durch die Kommunikationsmöglichkeiten der hochentwickelten Medien), auch eine andere Ver-antwortung erhalten haben. Die Antwort ist aus meiner Sicht fragwürdig - sicherlich gibt es auch hoffnungsvolle Initiativen und Bewegungen.

Ich frage mich, was regt sich in der menschlichen Seele, wenn sie am Abend vor dem Fernseher sitzt und sie die Nachrichten von Flüchtlingen erreicht, wenn sie die Leiden von Kriegsopfern erfährt, die Schicksale geschändeter Menschen und die Taten wahnsinniger Mörder, später dann einfach umschaltet? Es ist nur ein Knopfdruck und das Bewusstsein springt von den Schauplätzen, an denen Leichen das Tagesthema bestimmen in die nächste Talkshow, in der die Themen im einzelnen Ekel bereiten können. Dieses "aktive Nichtstun" und "Verdummen" in unserer Zeit gehört bei vielen Deutschen zum abendlichen (Fernseh)Programm. Es stinkt und ist zugleich alltäglich, wie der morgendliche Gang zur Toilette. Wem es zu viel wird, der schaltet (spült) einfach (um). Doch das die Schatten menschlichen Lebens nicht einfach weg sind, wenn man einen Knopf, oder die Spülung betätigt, ist eine Tatsache. Die Mentalität des "irgendjemand wird sich schon um die Scheiße kümmern" zeigt sich in den Zuständen unserer Zeit. Mich machen diese Dinge fragend. Welche Entwicklung ist das ? Ist das immer noch Fortschritt, oder nicht vielmehr Untergang?

So werde ich den Eindruck nicht los, das unsere Gesellschaft zutiefst gespalten ist. Das die Kluft der sozialen Schichten mehr denn je auseinanderklafft und das ein Sprechen über ein gerechtes Miteinander nur noch im Flüsterton geschehen kann, will man sich nicht der Kritik aussetzen, von einer Utopie zu sprechen, die so nicht umsetzbar ist: ,,man kann sowieso nichts ändern und es hat schon immer Arme und Reiche gegeben…”. Damit wird dem Zerfall der menschlichen Kultur und der Zerrüttung des Sozialstaates Tor und Tür geöffnet. Frage ich Jugendliche, Menschen meiner Generation, wie es weitergehen soll, wohin sie gehen wollen, so schaue ich in unschlüssige, ratlose Gesichter. Ich kann sie verstehen, denn ich bin auch ratlos, blicke ich auf die Zustände unserer Existenz. Was haben wir hier geerbt ?

Während ich so nachdenke erreiche ich ein liebgewonnenes Cafe. Ich setze mich und genieße die warme Sonne. Während ich meinen Cafe trinke, beobachte ich eine ärmliche Gestalt die Gästen um etwas Geld bittet. Ein Mann sucht nach seiner Geldtasche und gibt. Die kümmerliche Gestalt geht zum nächsten Lokal und wird von dem Herren, den sie dort anspricht, ignoriert. Der Kellner beobachtet das geschehen und vertreibt sie vom Gelände. Mit hängenden Schultern verlässt sie den Platz. In mir regt sich Sorge. Ich stelle mir vor wie es wäre, wenn ich an diesem Punkt stände und an was es lag, dass ich nicht an dieser Stelle stehe: Täglich um Geld betteln zu müssen, von vielen in der Gesellschaft verachtet zu sein, sich vielleicht als Ausgestoßener zu fühlen, oder den Großteil der eigenen Familie verloren zu haben, schwer krank zu sein [...]. Der Gedanke daran macht mich nachdenklich. Was bereitet mir Sorge, wenn ich diesen Menschen beobachte ? Sicherlich der Gedanke, selber in diese Situation zu kommen und das mir Hilfe verweigert wird. Ist mein Mitleid ein unbewusster egoistischer Zug? Gebe ich Geld aus Sorge um mich? Ja, auch weil ich mir um meine Zukunft sorgen mache, auch um die Zukunft meiner Kinder. Wenn ich gebe, dann ist das wohl auch Selbstpflege und Pflege für die Welt da draußen. Derjenige der geben kann, gibt sich selber und seinen Mitmenschen, Kindern und der eigenen Zukunft. Er weiß, das wir alle derHilfe anderer bedürfen und gibt deswegen. Eine gesunde Selbstpflege ist gleichzeitig die Pflege von "Welt", so erscheint es mir, ist auch Bedingung dafür, das sich soziale Missstände verändern. Es mangelt unserer Zeit an wahrer Fürsorge.

Dieser Gedanke wird vielleicht früher oder später mit Gewalt und Zerstörung in die Herzen der Menschen getragen werden, die das heute noch nicht sehen können. Denn wie lange werden sich Menschen und Wesen am Abgrund etwas gefallen lassen, was sie in den sicheren Tod bringt?