Montag, 21. September 2009

Am Bahnsteig des Lebens


Am Bahnsteig des Lebens -
Warten, damit das Erwartete eintritt.
Auf Durchreise.
Warten auf die Stimme die uns sagt, dass wir den richtigen Weg gwählt haben;
Hast du den richtigen gewählt?
-Ich sehe nocheinmal auf meine Fahrkarte-
Wann hast du dich entschieden diesen Weg zu gehen?
Ich denke:
Jede Reise ist neu.
(Und auch wenn es scheint, als wäre die Heimat gefunden,
So zieht es die Seele wieder hinaus, denn sie will weiter)
- Warten am Bahnsteig

Sonntag, 20. September 2009

Türen


Es sind die qualvollen Stunden die uns Stille machen und eine offene Tür,
Die uns des Lebens entläßt.
Doch der Tod bleibt nur ein Durchgang, zu den andern Ufern des Lebens.
Vielleicht schon geschieht es im Leben,
Das einer wacht und durch die Schwelle tritt.
Den anderen wird dann, wenn alles entgleitet,
Die Stunde des Todes Helfer und Führer sein:
Dann werde sie sehen, das ihr Leben nur Gleichnis war
Und das ihr Sterben Fortschreiten ist.

Ich lese bei Rilke:
"Freilich ist es seltsam, die Erde nicht mehr zu bewohnen,
kaum erlernte Gebräuche nicht mehr zu üben,
Rosen, und andern eigens versprechenden Dingen
nicht die Bedeutung menschlicher Zukunft zu geben;
das, was man war in unendlich ängstlichen Händen,
nicht mehr zu sein, und selbst den eigenen Namen
wegzulassen wie ein zerbrochenes Spielzeug.
Seltsam, die Wünsche nicht weiterzuwünschen. Seltsam,
alles, was sich bezog, so lose im Raume
flattern zu sehen. Und das Totsein ist mühsam
und voller Nachholn, dass man allmählich ein wenig
Ewigkeit spürt. - Aber Lebendige machen
alle den Fehler, dass sie zu stark unterscheiden.
Engel (sagt man) wüssten oft nicht, ob sie unter
Lebenden gehn oder Toten. Die ewige Strömung
reißt durch beide Bereiche alle Alter
immer mit sich und übertönt sie in beiden.


Schließlich brauchen sie uns nicht mehr, die Früheentrückten,
man entwöhnt sich des Irdischen sanft, wie man den Brüsten
milde der Mutter entwächst. Aber wir, die so große
Geheimnisse brauchen, denen aus Trauer so oft
seliger Fortschritt entspringt -: könnten wir sein ohne sie?
Ist die Sage umsonst, dass einst in der Klage um Linos
wagende erste Musik dürre Erstarrung durchdrang;
dass erst im erschrockenen Raum, dem ein beinah göttlicher Jüngling
plötzlich für immer enttrat, das Leere in jene
Schwingung geriet, die uns jetzt hinreißt und tröstet und hilft."

(R.M.Rilke - Auszug aus der ersten Duineser Elegie)